In meinem Viertel ging es ruhig zu. Ohne Ausschreitungen.
Am Taksim war es ebenfalls die meiste Zeit ruhig. Die Polizeit hatte alles gut abgeriegelt. Wie ich es schon nachts sah und erlebt habe.
Als ich nach meinem Maitanz am Morgen des Donnerstags wieder heim wollte, hatte mein Dolmuş (mein Sammeltaxi) große Schwierigkeiten, mich vom Taksim-Platz wegzubringen. Überall Zäune. Überall Polizisten. Überall Busse voller Polizisten und Schutzschilden und Helmen. Alle Straßenspuren waren dicht. Wir versuchten andere Wege. Fuhren in die eine Straße. Fuhren wieder heraus. Standen vor Zäunen und Absperrungen, vor voll geladenen Bussen und vor warteneden Polizisten. Wir fuhren Umwege und verschiedene Wege, bis wir endlich unseren Weg raus aus dem Gewusel der Straßen fanden.
Ein merkwürdiges Gefühl war das. Man konnte nicht seine gewöhnlichen Wege gehen. Man wusste nicht, welche Wege man am kommenden Tag gehen, Ungewissheit, was man am kommenden Tag machen könne.
Letztendlich war mein Donnerstag fern ab von Aufruhr sehr entspannt. Ein spätes, langes Frühstück. Skype-Date mit Fenja. Çay mit Philipp in Üsküdar. Lahmacun mit Philipp und Ava in Kadıköy. Skype-Date mit den Spaniern (Susi und Stefan).
Zwischendurch konnte ich die Nachrichten lesen und mich auf Philipps und Avas Berichte aus Cihangir verlassen. Cihangir ist das Viertel, das nahe am Taksim liegt und wo sonst bei allen Protesten die Mülltonnen brannten, das Tränengas die Gassen füllte und laute Protestrufe die Luft erfüllten. Am 1. Mai war es ruhig. "Wie in einer Geisterstadt", sagt Ava. Kein Verkehr. Nur aufgescheuchte Touristen, die ihre Wege nicht kennen. Und Polizisten. Polizisten in Zivil. Polizisten in Uniform. Und Berge von Sonnenblumenkernschalen. Ayçiçek çekirdeği. Jeder Türke isst sie. Immer und überall. Die Straßen liegen voller Schalen eben dieser. Man isst sie bei Langeweile. Man isst sie zum Çay. Man isst sie bei einer Nargile. Beim Tavla-spielen. Und beim Warten. Wie diese Polizisten. Die Wege zum Taksim waren dicht. Für die dort positionierten Polizisten war es ein entspannter Tag.
Geisterstadt. Kein alltägliches Leben. Die Tram fährt nicht. Viele Fähranleger sind geschlossen. Straßen gesperrt.
Beşiktaş. Aufruhr. Proteste. Gewalt. Tränengas. Wasserwerfer. Steine. Tritte. Festnahmen.
In diesem Teil der Stadt aß niemand ayçiçek çekirdeği.
Ein paar Bilder und Berichte könnt ihr hier nachlesen:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-proteste-toben-in-istanbul-am-taksim-a-967126.html
http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-05/mai-proteste-istanbul
30.04. Die Zäune stehen bereit |
30.04. Vorbereitungen am Taksim |
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30.04. Am Taksim wir abgeriegelt |
01.05. morgens. Alles soll dicht sein. |
01.05. morgens. |
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01.05. morgens. der letzte Verkehr am Taksim |
01.05. morgens. Busladung voller Polizisten |
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01.05. morgens. Keine Fährfahrt. |
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